Wednesday, December 14, 2011

Sendung 12 - Februar '12

Die Februar-Ausgabe ist thematisch gesehen die kurioseste aller DITC-Sendungen. Euch erwarten rare und obskure Auswüchse des Space-Age, der goldenen Ära der bemannten Raumfahrt. Viele Künstler setzten sich zwischen 1957-1980 mit dieser Materie auseinander und schufen auf ganz unterschiedliche Weise Musik, die ihrer Zeit um Lichtjahre voraus war. Freut euch auf ein kosmisches Klangspektrum von Cha Cha Cha und Krautrock, bis Freejazz, Spacedisco und natürlich schwer aufzutreibende Science-Fiction Soundtracks.



1. Stardrive - Jupiterjump
(Stardrive, Columbia, 1974)

Die Ausgabe startet raketenartig mit abgedrehtem Synthie-Fusion von Stardrive. Im Zentrum des gleichnamigen Albums stehen der Keyboarder und Soundtüftler Robert Mason und sein selbst gebauter Synthesizer namens Stardrive. Das Mason die Maschine namentlich in den Vordergrund stellt, zeigt deutlich in welche Richtung sich die LP bewegt. Es geht um die Verquickung von Mensch und Technik, um die Formung einer Einheit. "Jupiterjump" ist ein klares Statement dafür, dass ihm dies auf unkonventionelle Art gelungen ist.

2. Virginie Rodin - Commando Spatial
(Single EP, Decca, 1966)

Im Gegensatz zu Deutschland übernimmt man in Frankreich meist keine englischen Begriffe, sondern überlegt sich lieber eigene. Das ist heute so, war aber in den 60er Jahren nicht anders. Als der Beat-Welle durch Gruppen wie The Beatles auf das europäische Festland schwappte und von tosenden "Yeah, Yeah!"-Rufen der Fans begleitet wurde, entwickelte sich daraus der Begriff der "Yé Yé"-Musik. In diese Sparte fällt auch die Musik von Virginie Rodin, die für die B-Seite ihrer Decca-EP eine Coverversion von Peter Thomas' Titelmelodie zu Raumpatrouille Orion aufgenommen hat. Im Gegensatz zum wortlosen Original hat sie ihre Version jedoch auch noch mit einem amüsanten Text unterlegt.

3. Peter Thomas - Stars and Rockets
(Chariots of the Gods, Polydor, 1970)

Der bekannteste Song von Peter Thomas ist sicherlich die Titelmusik für Raumpatrouille Orion. Die Fernsehserie, die in den 60er Jahren für das ARD produziert wurde, ist Kult bei Science-Fiction-Fans und Weltraum-Nerds. Die Musik, die er für die Doku "Chariots of the Gods" (deutscher Titel: Erinnerungen an die Zukunft) aufgenommen hat, ist dagegen in Vergessenheit geraten. Dies mag an Erich von Däniken liegen, der in der Buchvorlage für den Film die These aufstellte, dass die tempel vieler Hochkulturen nur mit Hilfe außerirdischer Mächte gebaut werden konnte. Heute können die meisten über solche Spekulationen nur müde lächeln, damals reichten solche Inhalte aber um den oscar für die beste Dokumentation zu gewinnen.



4. Science Fiction Corporation - End of the Robot
(Science Fiction Dance Party, Poulär, 1968)

Der Krautrock-Experte Ulrich Klatte zählt diese Platte eine der zehn obskursten LP's aus Deutschland. Und tatsächlich scheint für diese Produktion der Spaß eher im Vordergrund gestanden zu haben als der musikalische Anspruch. Dies zeigt sich auf Songs wie "End of the Robot", in dem Robbie, der Roboter aus dem Science-Fiction-Film "Alarm im Weltall", den Auftrag bekommt Perry Rhodan, den Weltraumhelden der gleichnamigen groschenhefte umzubringen. Hinter diesem Projekt verbergen sich die Library-Musiker Horst Ackermann und Heribert Thusek, die auch schon für die rare "Dracula's Music Cabinet"-LP zusammen gearbeitet haben.

5. The Ames Brothers - Destination Moon
(Destination Moon, RCA Victor, 1958)

Die Crooning-Band The Ames Brothers sind ein hervorragendes Beispiel für die Allgegenwärtigkeit von Science Fiction Ende der 50er Jahre. In Amerika gab es einen regelrechten Hype um alles was mit Sternen, Ufos und Raketen (Vorsicht: Doppeldeutigkeit) zu tun hatte. Die Unterhaltungsindustrie stellte sich auf diesen neuen Trend ein und peppte sogar schmalzige Liebesballaden mit Raumschiffen und fremden Planeten auf. Für The Ames Brothers war es der erfolglose Versuch sich zurück ins Showbiz zu beamen, nachdem immer mehr Teenager Rock'n'Roll hören wollten und ihre Musik nicht mehr angesagt war.


6. Anthony King - Galactic Warfare
(Lost Star, Peer International, 1978)

Zu der LP und dem Komponisten sind mir nicht viele Infos bekannt. Das Label Peer International ist dafür aber eine Hausmarke. Es gehört ohne Zweifel zu einem der gefragtesten Library-Label, auf welchem in den 70ern viele Archivmusik-Scheiben erschienen sind, die aufgrund ihrer Funk- und Breakbeats bei DJ's sehr gefragt sind.

7. Gäa - Uranus
(Auf der Bahn zum uranus, Kerston, 1974)

Nach einem Auftritt fragte der Produzent Alfred Kersten die Band, ob sie nicht Lust hätten eine Platte in seinem Studio nahe Stuttgart aufzunehmen. Als die Musiker dort ein paar Wochen später ankamen, "standen jedoch gerade die Flippers im Studio, bei brütender Hitze mit geschlossenen Anzügen. Auf den nächsten Tag vertröstet, mußte man dann aber schon wieder einer anderen Gruppe den Vortritt lassen, da Fred Kerstens anfängliche Begeisterung für Gäa wohl etwas nachgelassen hatte. Zurückschicken konnte er sie allerdings auch nicht, und so wurden die Aufnahmen dann an einem Samstag in aller Hast und ziemlich lustlos von ihm durchgezogen. Mit dem Ergebnis war die Gruppe dementsprechend unzufrieden. Trotzdem wurden die Stücke 1974 als LP "Auf der Bahn zum Uranus" (Kerston 65014) in Kleinstauflage veröffentlicht." Nicht wenige Krautrockfans sehen in der Platte eine der überschätztesten LP's überhaupt. Denn trotz der minderwertigen Aufnahmen wird sie für circa 600€ gehandelt.

8. Alain Goraguer - La femme
(La planète sauvage, Pathé Marconi, 1973)

Dieser Film genießt nicht zuletzt wegen des Scores von Alain Goraguer Kultstatus bei Sammlern und Filmfans. Es handelt sich dabei um einen animierten Science-Fiction-Film, der in einer surrealistischen Welt stattfindet, die Bildern von Dali ähnelt. Die großartige Musik, die diesem Striefen seine unvergleichliche Atmosphäre verleiht, kann als Mischung von Pink Floyd und Isaac Hayes beschrieben werden.
1973 wurde der Film mit dem Spezialpreis in Cannes ausgezeichnet.




9. Sun Ra - Love in outer Space
(Single, Saturn, 1975)

Sun Ra ist ohne Zweifel eine der schillernsten Musiker des 20. Jahrhunderts. Und das liegt nicht nur an den glitzernden Gewändern und Kopfbedeckungen, die er während seiner Auftritte trug. Vielen war seine Musik aber zu abstrakt, sodass er stets als Avant-Gardist galt, der nie ein großes Publikum erreichte. Nichtzuletzt aufgrund deiner exzentrischen Art, überdauerte seine Musik die Jahrzehnte und dringt in den letzten Jahren immer mehr ins Bewusstsein von Hörern, die neue Klangerfahrungen machen wollen. Das gesamte Werk von Sun Ra zu überblicken ist schier unmöglich, denn er nahm in seiner Karriere hunterte von Alben auf, von denen viele nur in einer sehr geringen Auflage erschienen, sodass viele heute als verschollen gelten. Die Single "Love in outer space" wurde 1975 über sein eigenes Label veröffentlicht und ist eine Vokalversion des gleichnamigen Songs vom Album "The night of the purple moon" (1970).

10. Sun Ra - Rocket Number 9
( Space is the Place, Blue Thumb, 1973)

Dieser Song befindet sich auf dem Album "Space is the Place". Es ist leicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Soundtrack zu Sun Ras Science Fiction Film von 1972, in dem er seinen Mythos auf sehr verquere aber faszinierende Weise darlegt. Der offizielle Soundtrack zum Film erschien aber erst zwanzig Jahre später, 1993.


11. Jimmie Haskell - Moonlight Cha cha cha
(Countdown, Imperial, 1957)

Ein weiteres Beispiel für die Anfänge des Space-Age's Ende der 50er Jahre. Jimmie Haskell spielt auf seiner Idee typische Tanz- und Popnummern und peppt diese mit spacigen Effekten und ungewöhnlichen Instrumenten auf. Diese LP macht deutlich wie beliebt und selbstverständlich das Weltraum-Thema in dieser Zeit war und selbst konventionelle Unterhaltungsmusik beeinflusste.


12. John Keating - Starcluster
(Space Experience 2, Stereo2Stereo, 1975)

Ein weiterer (Aus)Flug auf den Planeten Synthesizer erwartet uns auf den Space Experiemce-LP's von John keating, die er für das Library-Label Stereo2Stereo von EMI aufgenommen hat. Neben Neuinterpretationen von zeitgenössischen Popsongs (z. B. "Dreamer" von Supertramp) gibt es auch eigene Kompositionen wie Starcluster zu hören. Wer analoge Synthie-Sounds und spacige Arragments abfeiert, sollte sich diese LP definitiv zulegen.

13. Ramases - Earth People
(Space Hymns, Vertigo Swirl, 1971)

Was macht ein britischer Heizungsmonteur, wenn sein Geschäft nicht gut läuft und keine Aufträge mehr kommen? Richtig, er versucht sich als Folkinterpret und erzählt seinen Zuhörern er sei die Reinkarnation vom Pharaoh Ramases. Der Erfolg folgte prompt und Michael Raphael, wie Ramases mit bürgerlichem Namen heißt, bekam einen vertrag bei dem berühmten ProgRock-Label Vertigo Swirl.
Die LP hat ein schönes Artwork, mit 6seitigem Cover zum Ausklappen:


14. Sonora Casino - Astronautas a Mercurio
(Trompeteros, Descarga, 1972)

Die LP von Sonora Casino ist eine tanzbare Scheibe aus Peru, die besonders Break-Digger und Tanzbeinschwinger glücklich machen wird. 200 Euro sollte man aber mindestens in seinem Sparstrumpf versteckt haben, wenn man die Platte sein eigen nennen will.

15. Sherman Space - Countdown
(Single, Teldec, 1969)

"Die erste Perry-Rhodan-Schallplatte ist da! „Count down“ ist der Schlager für alle Perry Rhodan Fans. Diese Schallplatte ist eine Verbeugung vor dem Phänomen Perry Rhodan, der größten Science-Fiction-Romanserie der Welt, deren Gesamtauflage allein in Deutschland bei nahezu 500 Titeln bisher über 56 Millionen beträgt. Dazu kommen rund 5 Millionen Comic-Hefte, eine Verfilmung und Lizenzausgaben in Amerika, Frankreich und Holland. Über 600 Perry Rhodan-Clubs existieren in Deutschland, die Zahl der Perry Rhodan-Leser ist nicht abzuschätzen."
Noch heute begeistern die Hefte unter dem Titel Perry Rhodan Neo mit einer Auflage von 80.000 wöchentlich tausende Fans. Die Musik von Sherman Space huldigt dem Protagonisten auf eine sehr witzige Weise, wie ich finde. Kult!

16. Venus Gang - Space Inferno
(Galactic Soul, Epic, 1978)

In den späten 70er Jahren sanken die Preise für Synthesizer und wurden auch für kleinere Studios erschwinglich. Dies hatte zur Folge, dass immer mehr Produzenten mit elektronischen Klängen arbeiten konnte und diese vermehrt in Musikstücken verwendet wurden. Synthesizer waren schon lange nicht mehr der Avantgarde vorbehalten, sondern kamen auch für populäre Stile zur Anwendung, wie zum Beispiel Discomusik. Die Platte von der Gruppe Venus Gang ist eine rare LP, die man als Spacedisco bezeichnen kann. Produziert wurde sie in Italien (Stichwort: Italodisco).

Wednesday, December 7, 2011

Sendung 10 - Dezember '11

Diesen Monat präsentiert euch Caballo zum letzten Mal seine raren Plattenfunde - zur bisherigen Sendezeit um 8 Uhr. Aus diesem Anlass hat er sich für die Ausgabe eines seiner Lieblingsthemen ausgesucht: Obskure und schwer zu findende Scheiben aus Deutschland. Von skurrilem Garagen-Beat und Krimi-Jazz der 60er, über irrwitzigem Politrock und Werbesongs der frühen 70er bis hin zu Kraut-Minimal der 80er Jahre ist alles dabei. Ein breites Grinsen wird man sich bei dem einen oder anderen Text sicher nicht verkneifen können!



1) The Blizzards - Hab keine Lust heut aufzustehen
(Single, Fontana, 1965)

Diese Garagenband hat in den 60er Jahren im Großraum Hamburg für einigen Wirbel auf den Tanzflächen der Beat-Diskotheken gesorgt. Die aus Stade stammende Gruppe belegt eindrucksvoll, dass bereits zu diesem frühen Zeitpunkt eine eigenständige Beatszene in Deutschland existierte. Inspiriert von The Bealtes (die jahrelang im Hamburger Star-Club auftraten)und anderen englischen Bands gründete sie sich 1961 und trug dazu bei, dass Hamburg damals als deutsches Beat-Mekka galt.

2) Hartmut Kiesewetter - Fuccade Hit
(Single, Teldec, 1973)

Harmut Kiesewetter ist einer der vielen fast vergessenen Komponisten und Arrangeure aus Deutschland. Die Wenigen, denen er ein Begriff ist, verbinden mit seinem Namen wahrscheinlich tanzbare Unterhaltungsmusik, die er für diverse Schlagerstars produziert hat. Unter Pseudonymen wie Hardy's Jet Band oder Hardy Kingston & His Orchestra entstanden aber auch Jazz- oder Library-LP's, die bei Sammlern vor allen wegen der funkigen Breaks sehr beliebt sind.

3) Rolf Kühn - Manhatten Skyline II
(City Calling, Selected Sound, 1974)

Der Jazzpianist und Klarinnetist wurde 1929 in Köln geboren und beeinflusste die Entwicklung der deutschen Jazzszene nach dem zweiten Weltkrieg maßgeblich. Gemeinsam mit seinem Bruder Joachim Kühn erhielt er dieses Jahr den Jazz-Echo für sein Lebenswerk. Neben klassischem Jazz, Jazzrock und Free Jazz, schrieb er auch Scores für Serien wie Tatort oder Derrick. Die LP "City Calling" ist eine der wenigen Library-Aufnahmen, die Kühn in seiner Karriere einspielte.

4) Lokomotive Kreuzberg - Geldsack
(Kollege Klatt, Pläne, 1973)

In den 70er Jahren gab es eine Vielzahl von interessanten Musikprojekten, die nicht selten aus politischen Beweggründen heraus entstanden. So beschloss das Künstlerkollektiv Lokomotive Kreuzberg 1972 populäre Rockmusik mit politischem Kabarett und gesellschaftskritischen Theaterinszenierungen zu verbinden und eine Mischung aus diesen drei Elementen bei ihren Konzerten zu präsentieren. Die Alben der Gruppe sind ähnlich konzipiert und haben die Form eines musikalisch-politischen Hörspiels.

5) Theo Schumann -Combo - Radebeul-West
(Single B-Seite "HullyGully Party", Amiga, 1964)

Von den Einen als zu seicht und konform verschmäht, von den Anderen als authentische Beatgruppe mit eigenem Stil gefeiert: Die Musik der 1961 gegründeten Theo-Schumann-Combo polarisierte die Beatfans in der DDR vom ersten Tag an. Bedenkt man, dass Beatmusik vonseiten der SED-Führung verpönt und als "nicht-sozialistische" Musik eingestuft wurde wird diese Kontroverse verständlicher. Einerseits wollten die Hörer der amerikanischen Beathits ihren Status aufbegehrende Jugendliche nicht hergeben, andererseits wollten die Politiker der als Krawall-Provozierend geltende Beat- und Surfmusik keine offizielle Lizenz erteilen. Theo Schumann fand mit seiner Gruppe einen Weg, sich mit seiner Musik trotz dieser Widersprüche zu behaupten und zählt zu den wichtigsten ostdeutschen Vertretern dieser Musik.

6) Panta Rhei - Der Losverkäufer
(Panta Rhei, Amiga, 1973)

"Alles fließt" in der Musik von Panta Rhei, zumindest wenn man dem Bandnamen glauben schenkt. Und tatsächlich bewegt sich die DDR-Gruppe auf ihrem ersten Album flüssig durch verschiedene Musikstile und verbindet deutsche Texte mit Funk, Jazz und Rock. Die Sängerin auf dem gleichnamigen Debut-Album ist niemand geringeres als Veronika Fischer, die Ende 1973 ihre Solokarriere startete. Nachdem sich der Rest der Band zwei Jahre später auflöste, gründeten Gitarrist und Sänger Dreilich, Bassist Protzmann und Keyboarder Swillms die Gruppe Karat. Ihr bekanntester Titel ist "Über sieben Brücken musst du gehn".

7) Michael Naura - Why is Mary so nervous
(Call, MPS, 1971)

Das Label Musik Produktion Schwarzwald (MPS) zählt ohne Zweifel zu den renomiertesten deutschen Jazzlabels. 1968 in der Kleinstadt Villingen gegründet, wurden darüber eine Vielzahl hochwertiger Releases von Musikern wie Volker Kriegel oder Rolf Kühn herausgebracht. Der Labelkatalog ist jedoch nicht auf deutsche Künstler beschränkt, sondern beinhaltet auch LP's internationaler Musiker. Von George Duke, über Oscar Petersen, bis hin zu Baden Powell haben viele hochkarätige Jazzstars Platten bei MPS releast. Michael Naura zählt ähnlich wie Rolf Kühn zu den wichtigsten Figuren im deutschen Jazz und neben seiner Musik jahrelang als Jazzredakteur beim NDR tätig.


8) Ambros Seelos - Guma
(Ambros Seelos, Ariola, 197?)

Ähnlich wie Hartmut Kiesewetter zählt auch Ambros Seelos zu den vergessenen Arrangeuren und Komponisten. Seine Veröffentlichungen waren jedoch wesentlich stärker von seichter Tanz- und Unterhaltungsmusik geprägt. Lange Zeit spielte er mit seinem Orchester auf Kreuzfahrtschiffen und füllte mit Interpretationen bekannter Hits die Tanzflächen an Bord. Dennoch war er dem Funk keineswegs abgeneigt und verstand es diesen auf eine Big-Band zuzuschneiden. "Guma" ist hierfür ein klangvolles Beispiel.

9) Botho Lucas Chor & The Soundmasters - Cigarillo
(Come on, clap Hands, Dance, MFP, 1972)

Der Deutsch-Brasilianer Gerhard Dannemann gründete Ende des 19. Jahrhunderts seine erste Zigarrenfabrik in Sao Paolo und produzierte dort Zigarren für den deutschen Markt. Um diese erfolgreich zu vermarkten wurde Anfang der 70er der Botho Lucas Chor engagiert. Die Gruppe sollte mit ihrem Titel die brasilianischen Wurzeln des Unternehmens andeuten und vor allem das als konservativ geltende Produkt durch zeitgemäße Musik attraktiver machen. Herausgekommen ist ein kurioser Song, der trotz Veröffentlichung auf dem großen Unterhaltungslabel MFP nur schwer zu finden ist.

10) Hildegard Knef - Wie viele Menschen waren glücklich, daß Du gelebt?
(Knef, Decca, 1970)

Ihre Karriere begann Hildegard Knef als Schauspielerin in den späten 40er Jahren. Für große Aufmerksamkeit sorgte sie erstmals 1950 mit einer Nacktszene in dem Film "Die Sünderin", was heftige Proteste seitens der katholischen Kirche hervorrief und damit verbunden für großen Medienrummel sorgte. Wer an ihren bekanntesten Song "Für dich soll's rote Rosen regnen" denkt, für den ist die LP "Knef" eine absolute Überraschung. Für mich zählt der Eröffnungssong "Wie viele Menschen waren glücklich, dass du gelebt?" zu einem der besten deutschsprachigen Songs überhaupt.

11) Hoelderlin - Traum
(Hoelderlin's Traum, Pilz, 1972)

Hinter dem Namen Hoelderlin verbirgt sich eine der wichtigsten Folk-Gruppen des Krautrocks. Inspiriert von den Gedichten Friedrich Hölderlins, einem der bedeutensten Vertreter der Weimarer Klassik und Romantik, begannen sie die Stimmungen der Lyrik einzufangen. Dabei ging es jedoch darum Musik zu spielen, die nach 18. und 19. Jahrhundert klingt. Das Ziel war es klassische Instrumente wie Cello, Querflöte und Viola mit neuen Stilen und Texten zusammen zu bringen. Herausgekommen ist eines der interessantesten Folkrock-Alben, die je in Deutschland aufgenommen wurden.


12) Dieter Moebius - Transport
(Tonspuren, Sky, 1983)

Dieter Moebius hat mit den Bands Harmonia und Cluster Pionierarbeit für die elektronische Musik geleistet. Mit ihren synthetischen Klangprojekten der frühen 70er Jahren beeinflussten sie nachfolgende Musikergenerationen maßgeblich. Künstler wie David Bowie, The Human League oder die Red Hot Chili Peppers geben die Gruppen als wichtigen Einfluss an. In Deutschland sind ihre Alben, die frühe Formen von Trance und Ambient aufweisen, nicht mehr allzu vielen Leuten bekannt. Die Soloalben von Moebius führen dies elektronischen Gehversuche der Vorläufer-LP's konsequent weiter und zeigen deutlich, dass die Wurzeln seines Schaffens in Steve Reich's Minimal und den elektronischen Experimenten Karlheinz Stockhausen's liegen.

13) Eileen - Die Stiefel sind zum Wandern
(Single, Vogue, 1966)

Nancy
Sinatras Evergreen "These boots are made for walking" ist vermutlich jedem von euch bekannt. Das in den 60ern eine deutsche Coverversion dieses Titels erschien dürften dagegen nur wenige wissen. Eileen übersetzte das Lied mit "Die Stiefel sind zum Wandern" und kreierte eine (unfreiwillig) komische Neuinterpretation des US-Hits. Soweit ich weiß hat sie im gleichen Zuge sogar noch eine italienische und französische Version releast.

14) Peter Thomas - Crime doesn't pay
(FBI Man Jerry Cotton, Polydor, 1967)

Peter Thomas zählt zu den wichtigsten deutschen Filmkomponisten und schrieb die Musik für etwa 100 Kinofilme und 600 Fernsehfilme und -serien. Darüber hinaus existiert eine schier unüberschaubare Anzahl von Melodien und Themen für Werbe- und Industriefilme, Dokumentationen, Musicals und Archivproduktionen. Das seine Musik bei Filmfans und Regisseuren hoch im Kurs steht zeigt sich schon daran, dass Quentin Tarrantino seinem Kollegen George Cloney für dessen Debut "Confessions of a dangerous mind" Musik von Peter Thomas empfahl. Fünf Titel aus frühen Edgar Wallace-Scores fanden in Cloneys Film schließlich Verwendung. Die LP "FBI Man Jerry Cotton" nahm Thomas für die gleichnamige Krimi-Serie auf, die aus den berühmten Jerry Cotton-Groschenheftchen hervorging.

15) Wir - Jerusalem
(Die Welt von Heute, Metronome, 1971)


Meine Recherchen zur Gruppe "Wir" ergaben leider nicht allzu viele Informationen. Offenbar hat die Band nur ein Album veröffentlicht und mit der ausgekoppelten Single "David und Goliath" einen großen Hit. Geschrieben hat diesen Song Drafi Deutscher, der auch als Sänger fester Bestandteil von "Wir" war. Neben Schlager-lastigen Gute-Laune-Liedern befindet sich auf der LP aber auch das ein oder andere Break, wie zum Beispiel auf "Jerusalem", dass auf dem Album durch den rockigen Anstrich herausragt.


Tuesday, November 1, 2011

Sendung 09 - November '11

In der November-Ausgabe von DITC hört ihr eine Einführung in die Entstehung und Entwicklung peruanischer Rockmusik. Neben Rock’n’Roll und Surf präsentiert euch Caballo auch rare Psychedelic- oder Jazzaufnahmen. Zudem hört ihr landestypische Stile wie Cumbia und Chicha, die sich im Schmelztiegel Lima entwickelten.


1. Enrique Lynch - Pantaloncitos Calientes
(Sexympacto, So
no Radio, 197?)

Enrique Lnych ist einer der wichtigsten Vertreter des peruanischen Cumbia. Während er in den 60er Jahren unzählige Tanzplatten aufnahm, ließ er in den frühen 70ern als einer der ersten lateinamerikanischen Musiker Funk und Rock mit einfließen. Dabei coverte er nicht nur bekannte Songs, sondern schrieb und orchestrierte eigene Stücke. Trotz seines immensen Outputs blieb Lynch außerhalb Perus größtenteils unbeachtet.

2. Los Millonarios Del Jazz - Rock with us
(Single, Sono Radio, 1957)

Ende der 50er Jahre formierten sich die ersten Rock'n'Roll-Gruppen in Peru. Neben Los Zodiacs oder Los Incas Modernos zählen Los Millonarios Del Jazz zu den Pionieren dieses Stils. Mit der der Single "Rock with us" erschien 1957 der erste Rock-Release, der kein Cover von Rockabilly-Stars wie Bill Haley oder Buddy Holly war.


3. Los Shains - Misirlou
(El Ritmo de Los Shains, Odéon, 1966)


Los Shains sind für Peru das, was The Beachboys für die USA sind: Die absolute Verkörperung des Mid-60er Surf-Sounds. Ihre Musik ist leicht und beschwingt. Die Orientierung an den US-Vorbildern ist nicht zu überhören. "Misirlou" stellt dabei ein kurioses und nahezu unbekanntes Cover des Pulp Fiction-Hits von Dick Dale & His Del-Tones dar.

4. The (St. Thomas) Pepper Smelter - Betty Boom - Little Monster
(Soul & Pepper, El Virrey, 1969)

Nachdem die Surfwelle Ende der 60er abebbte startete Gerado Manuel, Frontgitarrist von Los Shains, mit einem Projekt, dass in Peru Musikgeschichte schreiben sollte. Unter dem Bandnamen The (St. Thomas) Pepper Smelter veröffentlichte er das Psychedelic-Album "Soul & Pepper", auf dem neben Covern von Iron Butterfly und Jimi Hendrix auch eigene Titel zu finden sind. Vor allem die eigenen Stücke, wie zum Beispiel die auf der B-Seite zu findende Geschichte "Betty Boom Little Monster - Doggie and Peggie at the witches Castle" sind Kult bei Plattensammlern.

5. La Kabala - El cumbanchero
(La Kabala, RCA Victor, 1970)

Wer oder was sich hinter dieser LP verbirgt, weiß ich nicht. Die Plate ist mir ein Rätsel. Eines weiß ich sicher: Diejenigen, die schon einmal Musik von diesem Album gehört haben, sind bereit viel Geld auszugeben. Preise um die 750 Dollar sind so keine Seltenheit. Die Musik ist eine Mischung aus Psychedelic, Rock, Funk und Jazz. Dabei werden die Anteile über die gesamte Spielzeit variiert und mit weiblichen Vocals auf Spanisch garniert.

6. Los Mirlos - Sonido Amazonica
(Single, Ins, 197?)

Aus dem ursprünglich aus Kolumbien stammende Cumbia-Tanz entwickelte sich in Lima Mitte der 60er eine eigene Stilform. Der peruanische Cumbia ist eine Mischung aus Huayno (einer Musiktradition des Andischen Hochlandes), Rock und Surf. Dabei werden traditionelle Spielweisen und Instrumente mit westlichen Techniken zusammengeführt.

7. Manzanita Y Su Conjuto - Agua
(El nuevo Sonido, El Virrey, 196?)

Berado Hernandez aka Manzanita ist eine der wichtigsten Figuren des peruanischen Cumbia. Es gelang ihm jedoch nie aus dem Schatten Enrique Delgados (Frontmann von Los Destellos) zu treten, seinem musikalischen Kontrahenten. Was viele nicht wissen ist, dass beide Künstler sich gegenseitig stark beeinflusst haben und die Musik der jeweils anderen sehr schätzten. Obwohl Hernandez nicht so viel Ruhm genoss, beeinflusste er nachfolgende Musikergenerationen mit seinem kontrapunktischen Spiel auf der Farfisa-Orgel.

8. Traffic Sound - Jews caboose
(Virgin, MAG, 1969)

Nachdem sich die peruanische Rockgruppe Los Hang Ten's 1967 auflöste, beschlossen die noch verbliebenen Musiker sich mit lokalen Stars aus Lima zu der Supergroup Traffic Sound zusammen zu schließen. Nach einem erfolgreichen Album 1968 und einer Tour durch Südamerika, veröffentlichten sie ein Jahr später das Album "Virgin", welches die Gruppe in den Olymp des peruanischen Psychedelic beförderte. Neben der Hippie-Hymne "Meskalina", sind Songs wie "Jews Caboose" hörbar an US-Bands wie The Doors orientiert.

9. Laghonia - I'm a Nigger
(Etcetera, MAG, 1971)

Das Cover des Albums macht bereits deutlich mit was für Musik wir es auf dieser LP zu tun haben: Verzerrte Gitarren. Sakral anmutende Orgelklänge. Effekt-beladene Vocals. Eben alles, was zu progressivem und psychedelischem Rock dazu gehört. "I'm a nigger" wirkt im Vergleich zu den restlichen Songs von Laghonia beinahe "smooth". Man sollte sich von diesem Eindruck jedoch nicht täuschen lassen - die Schärfe liegt nämlich in der Lyrik.
Der Song richtet sich gegen Diskriminierung von farbigen Minderheiten in Peru und stellt somit eine klare Kampfansage gegen die Militärführung unter General Juan Velasco Alverdado dar, der mit allen Mitteln versuchte Sozialkritik und die als staatsfeindlich geltende Rockmusik zu unterdrücken.

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10. Bossa 70 - Birimbao
(Bossa 70, Philips, 1970)

Nachdem der Flötist Nilo Espinoza mehrere Jahre in Europa verbrachte, kehrte er 1966 in seine Heimat Peru zurück und verarbeitete seine musikalischen Erfahrungen später mit der von ihm gegründeten Gruppe Bossa 70. Vor allem Jazz und brasilianischer Bossa beeinflussten seine Kompositionen, in die er ebenso peruanische Musiktraditionen einfließen ließ.
Die LP erschien als 300er-Auflage.

11. Nil's Jazz Ensemble - Siempre
(Nil's Jazz Ensemble, MAG, 1976)

1972 löste Nilo Espinoza Bossa 70 auf und gründete die Nachfolgegruppe Nil's Jazz Ensemble, mit der er sich mehr dem Fusion zuwandte. Zu diesem Wandel kam es nicht zuletzt aufgrund der geringen Popularität von Jazzmusik in Peru. Um sich und seinen Musikern ein Auskommen zu sichern, veröffentlichte er die LP über MAG auf der er Rock bzw. Funk in miteinfließen lässt. Der Sammlerwert von etwa 250 Dollar lässt jedoch darauf schließen, dass sich das Album nicht besser als seine Vorgänger verkaufte. Die Musik ist trotzdem jeden Cent wert.



12. Black Sugar - Too late
(Black Sugar, Sono Radio, 1971)

In den drei Jahren ihres Bestehens, veröffentlichte die Funk- und Soulband Black Sugar zwei Alben, die bei Sammlern heute gefragter sind als je zuvor. Unter dem Namen Los Far Fen soll zudem eine Vorläufer-LP erschienen sein, die mehr in die Cumbia-Richtung geht.
Als die erste LP 1971 erschien, sorgte die von Gitarrist Victor “Coco” Salazar und Keyboarder Miguel “Chino” Figueroa gegründete Formation für viel Aussehen in Lateinamerika. Kein Wunder, taten sich doch einige der besten Instrumentalisten aus Peru zusammen.

13. Los Shapis - La aguajal
(Los autenticos Shapis, Horoscopo, 1981)


Bei dem wohl populärsten Stil in der peruanischen Musik des 20. Jahrhunderts ist handelt es sich um ein alkoholisches Mais-Getränk der Inkas - zumindest wenn man dem Namen nach geht. Hinter Chicha verbirgt sich Musik, die wie Cumbia aus einer Verschmelzung verschiedener Stile hervorgegangen ist. Dabei liegt der Fokus allerdings mehr auf der vokalen, als auf der instrumentalen Darbietung. Nachhören kann man dies zum Beispiel auf dem Chicha-Hit "La aguajal" von Los Shapis, der Neuvertonung eines Huayno-Volksliedes.

14. Los Destellos - Onsta La Yerbita
(Constéllation, Odeon, 1966)

Die November-Ausgabe schließt mit einem Song von Enrique Delgado's Los Destellos. Die Gruppe gilt als eine der wichtigsten Cumbia-Gruppen und vor allem ihr Frontmann hatte in Peru noch zu Lebzeiten den Legendenstatus inne. Er trieb nicht nur die Entwicklung des Rocks in Peru voran, sondern entwickelte vor allen anderen den peruanischen Cumbia.


Sunday, October 30, 2011

Some Wicked – Ritmos del Peru (Mix)

Als Einstimmung auf die neue Sendung am Mittwoch gibt es schon einmal einen Mix mit peruanischer Musik von "SomeWicked".

Wednesday, October 5, 2011

Sendung 08 - Oktober '11

Dieses Mal gibt euch Caballo eine Einführung in die Filme und Soundtracks des Blaxploitation. Hinter diesem Begriff verbergen sich zahlreiche Low-Budget-Streifen, die Anfang der 70er entstanden. Das Besondere daran ist, dass es die ersten Filme waren, die sich direkt an eine afroamerikanische Zuschauerschaft richteten. Dementsprechend beherrschen Funk und Soul die Klangkulisse dieses Kultgenres.


1) Dennis Coffey - Main Theme (Black Belt Jones)
(Single, Warner Bros., 1974)

Die Oktober-Ausgabe beginnt mit einem raren Break von 1974. Nicht nur der Karate-Film "Black Belt Jones" ist dank der Performance von Jim Kelly Kult, sondern auch der Soundtrack von Dennis Coffey. Unter Sammlern und DJ's ist die Promo-Single, die mit dem Film erschien, heiß begehrt und wird nicht selten für über 200 Euro gehandelt. Der Rest des Scores wurde erst 2003 auf Weintraub-Heller veröffentlicht. Es handelt sich dabei jedoch um einen minderwertigen Release, denn die Songs wurden direkt aus dem Film überspielt und sind deshalb von vielen Geräuschen überlagert.

2) Dizzy Gillespie - Duke's Fantasy
(The Cool World, Phillips, 1964)

Der Trompeter mit den dicken Backen ist einer der berühmtesten Jazzer aller Zeiten und begründete mit dem Pianisten Thelonious Monk Anfang der 40er Jahre Bebop.
Das Gillespie sich aber nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht hat, sondern kontinuierlich an seinem Stil gearbeitet und ihn so weiterentwickelt hat, beweist er auf dem Soundtrack zu "The Cool World". Der Film gilt als einer der wichtigsten Vorläufer des Blaxploitation.

3) Galt MacDermot - Down in my Soul
(Cotton comes to Harlem, United Artists, 1970)

In der Mai-Ausgabe habe ich am Ende bereits Musik des Komponisten Galt MacDermot gespielt. Das Kult-Musical Hair ist ohne Zweifel sein bekanntestes Werk. Im Blaxploitation hat er sich durch seinen Score zu "Cotton Comes to Harlem" ebenfalls unvergessen gemacht - ein Film, der von vielen als der erste Film des Genres bezeichnet wird. Vor allem der Soul-Einfluss in der Musik ist maßgebend für viele nachfolgende Blaxploitation-Produktionen.



4) Melvin Can Peebles - Come on Feet
(Sweet Sweetback's Baadasssss Song, Stax, 1971)

Melvin Van Peebles ist ein Pionier. Er gilt nicht nur als einer der ersten afroamerikanischen Regiesseure und Drehbuchautoren, sondern auch als ein Begründer des Rap. Sein Sprechgesang ist, ähnlich wie bei The Last Poets, stark politisch und provokant. Van Peebles sagte dazu in einem Interview, dass er sich nicht mit dem Protestfolk von Bob Dylan oder Joan Baez identifizieren konnte und etwas machen wollte, was "seinem Volk" entsprach. Da es aber keine passende Form gab, musste er sie selbst entwickeln. Ansätze davon sind in "Come on Feet" zu erkennen.

5) Earth Wind & Fire - Hoppin' John
(Sweet Sweetback's Baadasssss Song, Stax, 1971)
Der Film Sweet Sweetback's Baadasssss Song war 1971 einer großer Kassenschlager. Vor dem Hintergrund, dass der Independant-Film ursprünglich nur in zwei Lichtspielhäusern laufen sollte, war dies eine Sensation. Grund hierfür ist nichtzuletzt die clevere Vermarktung des Movies. Nachdem die Motion Picture Association of America (MPAA) den Film mit "X" beurteilte - ein Bewertung, die sonst nur für Pornos vergeben wurde - zog Van Peebles diese Diskriminierung ins Lächerliche und warb mit dem Untertitel "rated X by an all-white jury". Dieser Schachzug bescherte dem Film große Medien-Aufmerksamkeit und sorgte wochenlang für Diskussionsstoff.




6) Melvin van Peebles - (If you see a devil) Smash him
(Don't play us cheap, Stax, 1972)

Der Soundtrack zum Musical von Melvin Van Peebles erschien 1972 als Doppel-Album beim Funk- und Soullabel Stax. Der Film handelt von den Teufeln Trinity und Dave, die eine Hausparty in Harlem stürmen und dort vergeblich versuchen Angst und Schrecken zu verbreiten.



7) The Chosen Few - Theme from Shaft
(Single, Song Bird, 1971)

Hi-Hat-Pattern aus Sechszehntel-Noten. Gitarrenriff mit Wah-Wah-Effekt. Einsetzende Keyboard-Akkorde und Bläser, die sich langsam steigern. So beginnt das Nummer 1 Thema zu Shaft von Isaac Hayes. Das Cover von The Chosen Few ist dem Original vom Songufbau her größtenteils treu geblieben. Statt eines Funktunes hören wir von der Band aus Kingston jedoch eine groovige Reggae-Version.



8) Johnny Pate - Brother (Main)
(Brother on the Run, Perception, 1973)

Dieser Song ist ein Klassiker. Ob als Breakdance-Hymne oder als Grundlage für Rap-Produktionen - der Soundtrack findet vielfach Verwendung im Hip Hop.
Den Preis der LP trieb dies auf bis zu 250 Dollar. Selbst für die Single muss man noch mindestens 50 Dollar zahlen.

9) Isaac Hayes - Main Title
(Three Tough Guys, Stax, 1974)

Ein weiterer Titel von der Funklegende Isaac Hayes, der 2008 im Alter von 65 Jahren verstarb. Was viele nicht wissen, neben der Karriere als erfolgreicher Komponist und Interpret war er auch als Schauspieler aktiv. Schon für das Thema von Shaft hatte er die Bedingung gestellt, den Song nur freizugeben, wenn er eine Rolle im Film bekomme. Drei Jahre später, 1974, hatte er dann seine ersten Auftritte in Truck Turner und „Three Tough Guys“, zu denen er auch den Soundtrack beisteuerte.


10) Badder Than Evil - Roberta's Theme
(Gordon's War, Buddah, 1973)

Die Gruppe Badder Than Evil hat mit der 1973 releasten LP zum Film "Gordon's War" einen Soundtrack aufgenommen, der alle typischen Blaxploitation-Elemente in sich vereint. Der Titel "Roberta's Theme" ist ein Beispiel für soulvolle Instrumentalmusik, die das Genre in den frühen 70ern prägte.



11) Willie Hutch - Brother's gonna work it out
(The Mack, Motown, 1973)

Blaxploitation wäre ohne die Themen Prostitution und Zuhälterei kaum denkbar. Filme wie "The Mack" gaben dieser Branche ein Gesicht und oft wurde nicht zu Unrecht der Vorwurf der Verherrlichung und Beschönigung erhoben. Darius James schreibt in seinem Buch "That's Blaxploitation", dass der Charakter des Zuhälters jedoch auch als Figur gesehen werden kann, die die afroamerikanische Erzählkultur repräsentiert. Er weist darauf hin, dass in der mündlichen Tradition schon immer Gauner im Fokus standen, die sich zwischen Ober- und Unterwelt bewegen. Charaktere, die nicht eindeutig gut oder böse sind und sich im Laufe der Erzählung wandeln.



12) J. J. Johnson - Go chase Cleo
(Cleopatra Jones, Warner Bros., 1973)

J.J. Johnson gilt als einer der größten Jazzposaunisten aller Zeiten und hat neben unzähligen Studioaufnahmen für Musiker wie Dave Brubeck, Stan Getz oder Horace Silver auch selbst Songs komponiert und veröffentlicht. Ein Beispiel hierfür ist der Soundtrack zum Film "Cleopatra Jones", in dem Tamara Dobson eine der toughesten Actionheldinnen der 70er Jahre spielt. Sie gilt neben Pam Grier als die berühmteste Schauspielerin im Blaxploitation.



13) Sun Ra - Outer Spaceways incorporated
(Space is the Place, Evidence, 1972)

Der obskure Science-Fiction Film von Sun Ra ist zwar schon 1972 gedreht, aber erst zwei Jahre später veröffentlicht worden. Für den Soundtrack gilt ähnliches. Obwohl er '72 aufgenommen wurde, kam es erst 1993 zu einem eigenen Release über das Label Evidence Music. Stattdessen releaste Sun Ra 1973 unter dem Filmtitel eine LP über Blue Thumb. Auf dieser Scheibe ist allerdings nicht die Filmmusik zu finden, sondern eigene Aufnahmen oder alternative Versionen.
 

14) Raul De Souza - Jump Street
(The Hitter, Capitol, 1979)

Der Soundtrack von Raul De Souza ist ein Beispiel für die Blaxploitation-Musik Ende der 70er. Obwohl Disco-Ansätze zu erkennen sind, ist "Jump Street" ein grooviger Funktrack, der auf die Wurzeln des Blaxploitation hinweist. Der Sound unterscheidet sich trotzdem hörbar von dem der frühen 70er.



15) Curtis Mayfield - Pusherman
(Superfly, Charly, 1972)

Curtis Mayfield hat sich mit seinem politischen Falsettgesang um eine herausragende Position in der afroamerikanischen Musik verdient gemacht. Der Songwriter und Interpret bewegte seine Zuhörer tief mit seinem Soul. Der Titelsong zum Film Superfly zählt, ähnlich wie Isaac Hayes' Thema von Shaft, zu den bekanntesten Blaxploitation-Tracks. Die ursprünglich auf Curtom releaste LP wurde 1996 von Charly Records mit Alternativ-Sessions neu aufgelegt. Von dieser Scheibe stammt diese Version von "Pusherman", auf der Mayfield von einem nicht benannten Trompeter begleitet wird.


Wer noch mehr über Blaxploitation erfahren möchte, der sollte That's Blaxploitation von Darius James lesen, indem unter anderem Interviews mit den Größen des Genres wie Pam Grier oder Melvin van Peebles enthalten sind. Leider konzentriert sich der Autor aber fast ausschließlich auf die filmischen Aspekte und lässt die Musik außen vor.
Für Informationen über die Soundtracks empfehle ich Fred Wesley's
Hit me, Fred: Recollections of asideman. In diesem erfährt der Leser viele interessante Erinnerungen von einem der alles selbst erlebte. Wesley spielte nämlich mit James Brown die Soundtracks zu Black Caesar und Slaughter's Big Score ein.