Dieses Mal gibt euch Caballo eine Einführung in die Filme
und Soundtracks des Blaxploitation.
Hinter diesem Begriff verbergen sich zahlreiche Low-Budget-Streifen, die Anfang
der 70er entstanden. Das Besondere daran ist, dass es die ersten Filme waren,
die sich direkt an eine afroamerikanische Zuschauerschaft richteten.
Dementsprechend beherrschen Funk und Soul die Klangkulisse dieses Kultgenres.
Die Oktober-Ausgabe beginnt mit einem raren Break von 1974.
Nicht nur der Karate-Film "Black Belt Jones" ist dank der Performance
von Jim Kelly Kult, sondern auch der Soundtrack von Dennis Coffey.
Unter Sammlern und DJ's ist die Promo-Single, die mit dem Film erschien, heiß
begehrt und wird nicht selten für über 200 Euro gehandelt. Der Rest des Scores
wurde erst 2003 auf Weintraub-Heller
veröffentlicht. Es handelt sich dabei jedoch um einen minderwertigen Release,
denn die Songs wurden direkt aus dem Film überspielt und sind deshalb von
vielen Geräuschen überlagert.
2) Dizzy
Gillespie - Duke's Fantasy
(The
Cool World, Phillips, 1964)
Der Trompeter mit den dicken Backen ist einer der
berühmtesten Jazzer aller Zeiten und begründete mit dem Pianisten Thelonious Monk Anfang der 40er Jahre
Bebop.
Das Gillespie sich aber nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht
hat, sondern kontinuierlich an seinem Stil gearbeitet und ihn so
weiterentwickelt hat, beweist er auf dem Soundtrack zu "The Cool
World". Der Film gilt als einer der wichtigsten Vorläufer des
Blaxploitation.
3) Galt
MacDermot - Down in my Soul
(Cotton
comes to Harlem, United Artists, 1970)
In der Mai-Ausgabe habe ich am
Ende bereits Musik des Komponisten Galt MacDermot gespielt. Das Kult-Musical Hair
ist ohne Zweifel sein bekanntestes Werk. Im Blaxploitation hat er sich
durch seinen Score zu "Cotton Comes to Harlem" ebenfalls unvergessen
gemacht - ein Film, der von vielen als der erste Film des Genres bezeichnet
wird. Vor allem der Soul-Einfluss in der Musik ist maßgebend für viele
nachfolgende Blaxploitation-Produktionen.
4) Melvin
Can Peebles - Come on Feet
(Sweet
Sweetback's Baadasssss Song, Stax, 1971)
Melvin Van Peebles ist ein
Pionier. Er gilt nicht nur als einer der ersten afroamerikanischen Regiesseure
und Drehbuchautoren, sondern auch als ein Begründer des Rap. Sein Sprechgesang
ist, ähnlich wie bei The Last Poets, stark politisch und provokant. Van
Peebles sagte dazu in einem Interview, dass er sich nicht mit dem Protestfolk
von Bob Dylan oder Joan Baez identifizieren konnte und etwas machen wollte, was
"seinem Volk" entsprach. Da es aber keine passende Form gab, musste
er sie selbst entwickeln. Ansätze davon sind in "Come on Feet" zu
erkennen. 5) Earth
Wind & Fire - Hoppin' John (Sweet
Sweetback's Baadasssss Song, Stax, 1971)
Der Film Sweet Sweetback's Baadasssss Song war 1971
einer großer Kassenschlager. Vor dem Hintergrund, dass der Independant-Film
ursprünglich nur in zwei Lichtspielhäusern laufen sollte, war dies eine
Sensation. Grund hierfür ist nichtzuletzt die clevere Vermarktung des Movies.
Nachdem die Motion Picture Association of
America(MPAA) den Film mit
"X" beurteilte - ein Bewertung, die sonst nur für Pornos vergeben
wurde - zog Van Peebles diese Diskriminierung ins Lächerliche und warb mit dem
Untertitel "rated X by an all-white jury". Dieser Schachzug bescherte
dem Film große Medien-Aufmerksamkeit und sorgte wochenlang für
Diskussionsstoff.
6) Melvin
van Peebles - (If you see a devil) Smash him
(Don't
play us cheap, Stax, 1972)
Der Soundtrack zum Musical von Melvin Van Peebles erschien
1972 als Doppel-Album beim Funk- und Soullabel Stax. Der Film handelt von den
Teufeln Trinity und Dave, die eine Hausparty in Harlem stürmen und dort
vergeblich versuchen Angst und Schrecken zu verbreiten.
7) The Chosen Few - Theme from Shaft
(Single, Song Bird, 1971)
Hi-Hat-Pattern aus Sechszehntel-Noten. Gitarrenriff mit
Wah-Wah-Effekt. Einsetzende Keyboard-Akkorde und Bläser, die sich langsam
steigern. So beginnt das Nummer 1 Thema zu Shaft von Isaac Hayes. Das Cover von The Chosen Few ist dem Original vom
Songufbau her größtenteils treu geblieben. Statt eines Funktunes hören wir von
der Band aus Kingston jedoch eine groovige Reggae-Version.
8) Johnny
Pate - Brother (Main)
(Brother
on the Run, Perception, 1973)
Dieser Song ist ein Klassiker. Ob als Breakdance-Hymne oder
als Grundlage für Rap-Produktionen - der Soundtrack findet vielfach Verwendung
im Hip Hop.
Den Preis der LP trieb dies auf bis zu 250 Dollar. Selbst
für die Single muss man noch mindestens 50 Dollar zahlen.
9) Isaac
Hayes - Main Title
(Three
Tough Guys, Stax, 1974)
Ein weiterer Titel von der Funklegende Isaac Hayes, der 2008
im Alter von 65 Jahren verstarb. Was viele nicht wissen, neben der Karriere als
erfolgreicher Komponist und Interpret war er auch als Schauspieler aktiv. Schon
für das Thema von Shaft hatte er die Bedingung gestellt, den Song nur
freizugeben, wenn er eine Rolle im Film bekomme. Drei Jahre später, 1974, hatte
er dann seine ersten Auftritte in Truck
Turner und „Three Tough Guys“, zu denen er auch den Soundtrack beisteuerte.
10) Badder
Than Evil - Roberta's Theme
(Gordon's
War, Buddah, 1973)
Die Gruppe Badder Than Evil hat mit der 1973 releasten LP
zum Film "Gordon's War" einen Soundtrack aufgenommen, der alle
typischen Blaxploitation-Elemente in sich vereint. Der Titel "Roberta's
Theme" ist ein Beispiel für soulvolle Instrumentalmusik, die das Genre in
den frühen 70ern prägte.
11) Willie
Hutch - Brother's gonna work it out
(The Mack, Motown, 1973)
Blaxploitation wäre ohne die Themen Prostitution und
Zuhälterei kaum denkbar. Filme wie "The Mack" gaben dieser Branche
ein Gesicht und oft wurde nicht zu Unrecht der Vorwurf der Verherrlichung und
Beschönigung erhoben. Darius James
schreibt in seinem Buch "That's
Blaxploitation", dass der Charakter des Zuhälters jedoch auch als
Figur gesehen werden kann, die die afroamerikanische Erzählkultur
repräsentiert. Er weist darauf hin, dass in der mündlichen Tradition schon
immer Gauner im Fokus standen, die sich zwischen Ober- und Unterwelt bewegen. Charaktere,
die nicht eindeutig gut oder böse sind und sich im Laufe der Erzählung wandeln.
12) J. J.
Johnson - Go chase Cleo
(Cleopatra Jones, Warner Bros., 1973)
J.J. Johnson gilt als einer der größten Jazzposaunisten
aller Zeiten und hat neben unzähligen Studioaufnahmen für Musiker wie Dave Brubeck, Stan Getz oder Horace Silver
auch selbst Songs komponiert und veröffentlicht. Ein Beispiel hierfür ist der
Soundtrack zum Film "Cleopatra Jones", in dem Tamara Dobson eine der toughesten Actionheldinnen der 70er Jahre
spielt. Sie gilt neben Pam Grier als
die berühmteste Schauspielerin im Blaxploitation.
13) Sun Ra
- Outer Spaceways incorporated
(Space
is the Place, Evidence, 1972)
Der obskure Science-Fiction Film von Sun Ra ist zwar schon
1972 gedreht, aber erst zwei Jahre später veröffentlicht worden. Für den
Soundtrack gilt ähnliches. Obwohl er '72 aufgenommen wurde, kam es erst 1993 zu
einem eigenen Release über das Label Evidence
Music. Stattdessen releaste Sun Ra 1973 unter dem Filmtitel eine LP über Blue Thumb. Auf dieser Scheibe ist
allerdings nicht die Filmmusik zu finden, sondern eigene Aufnahmen oder
alternative Versionen.
14) Raul De
Souza - Jump Street
(The
Hitter, Capitol, 1979)
Der Soundtrack von Raul De
Souza ist ein Beispiel für die Blaxploitation-Musik Ende der 70er. Obwohl
Disco-Ansätze zu erkennen sind, ist "Jump Street" ein grooviger
Funktrack, der auf die Wurzeln des Blaxploitation hinweist. Der Sound
unterscheidet sich trotzdem hörbar von dem der frühen 70er.
15) Curtis
Mayfield - Pusherman
(Superfly, Charly, 1972)
Curtis Mayfield hat sich mit seinem politischen Falsettgesang um eine
herausragende Position in der afroamerikanischen Musik verdient gemacht. Der
Songwriter und Interpret bewegte seine Zuhörer tief mit seinem Soul. Der
Titelsong zum Film Superfly zählt, ähnlich wie Isaac Hayes' Thema von Shaft, zu
den bekanntesten Blaxploitation-Tracks. Die ursprünglich auf Curtom releaste LP wurde 1996 von Charly
Records mit Alternativ-Sessions neu aufgelegt. Von dieser Scheibe stammt diese
Version von "Pusherman", auf der Mayfield von einem nicht benannten Trompeter
begleitet wird.
Wer noch mehr über Blaxploitation erfahren möchte, der sollte That's Blaxploitation von Darius James lesen, indem unter anderem Interviews
mit den Größen des Genres wie Pam Grier oder Melvin van Peebles enthalten sind.
Leider konzentriert sich der Autor aber fast ausschließlich auf die filmischen
Aspekte und lässt die Musik außen vor. Für Informationen über die
Soundtracks empfehle ich Fred Wesley's Hit me, Fred: Recollections of asideman. In
diesem erfährt der Leser viele interessante Erinnerungen von einem der alles
selbst erlebte. Wesley spielte nämlich mit James Brown die Soundtracks zu Black
Caesar und Slaughter's Big Score ein.