Tuesday, April 3, 2012

Sendung 14 - April '12

Amerikanische Soulstars singen ihre Hits auf deutsch? Schlagersänger versuchen sich im Samba? The Doors kriegen statt E-Gitarren indische Sitars in die Hand gedrückt? Ganz genau. Caballo hat tief in staubigen Plattenkisten gegraben und für euch über ein Dutzend seltene und außergewöhnliche Neuinterpretationen zusammen gestellt. Freut euch auf 60 Minuten bekannter Songs, wie ihr sie so noch nie gehört habt.


1) East of Underground - (Don't worry) If there's a hell below we're all going to go
(East of Underground, The United States Special Services Agency, 1971)

Bei diesem Album handelt es sich um eine absolute Kuriosität, denn es wurde nicht von einer herkömmlichen Funkband aufgenommen, sondern von U.S. Soldaten, die es während ihrer Stationierung in Frankfurt aufnahmen. Für dieses Projekt qualifizierte sich die Gruppe, indem sie den ersten und zweiten "Original Magnificent Special Services Entertainment Showband Contest" gewannen, veranstaltet von der U.S. Army. Da Aufnahmemöglichkeiten rar gesäht waren, recordeten East of Underground die LP in den Studios des American Forces Network.

2) Payom Moogda - Tamai dern sae
(Single, ???, 196?)

Diese rare Single des thailändischen Sängers Payom Moogda ist mir ein Rätsel. Mir ist weder ein ein anderer Release des Künstlers bekannt, noch konnte ich etwas über das Label in Erfahrung bringen. Im netz findet man keinerlei Informationen zu dem Titel. Dem ein oder anderen mag er von der "Thai beat a go-go"-Compilation bekannt sein. Mir gefällt die Version, weil Ray Charles' Rhythm & Blues-Klassiker "What I'd say" hier sehr energetisch neuvertont wird. Infos zu dieser Scheibe bitte an meine Mailadresse.



3) Mary Roos - Blauer Montag
(Mary Roos, CBS / Stern Musik, 1970)

Bereits mit neun Jahren nahm Roos ihre erste Schallplatte auf. "Ja die Dicken sind so gemütlich" wurde 1958 veröffentlicht, wie die weiteren Schallplatten in den Jahren 1958/59 unter ihrem bürgerlichen Vornamen Rosemarie. Sie sang sich durch Werbeschallplatten, Gesangs- und Talentwettbewerbe und auf Schlagerfestivals. Der Durchbruch gelang ihr 1970 mit dem Titel "Arizona Man". Von der gleichen LP stammt der einzige Samba-Titel mit deutschem text, den ich kenne. Inspiriert von Jorge Ben's Hit "Mas que Nada" nahm sie ihre Version "Blauer Montag" auf. Ob ihr dazu mitgrooven oder herzlich lachen wollt, bleibt euch überlassen.

4) Ananda Shankar - Light my fire
(Ananda Shankar, Reprise, 1970)

East meets West lautet der Arbeitstitel für das Genre, dass Ananda Shankar mit seiner Fusion aus indischen Klängen und westlicher Musik mitbegründet hat. Es muss ein völlig neues Klangerlebnis für die Zuhörer im Jahr 1970 gewesen sein, denn bis dahin kannte man die Sitar fast ausschließlich als Instrument traditionaller Musik Indiens. Selbst heute hinterlässt die Mischung aus Moog Synthies und Sitar einen bleibenden Eindruck. Hier ein Auszug aus den Liner Notes:
"His Name Is Ananda. He's a young man with a sitar and a dream and his name means peace and joy. He's as Indian as the tradition in which he recieved his education as a classical musician.
But he's excited about Led Zeppelin and Janis Joplin and electronic music. "
5) Aguaturbia - Alguien para amar
(Aguaturbia, Arena, 1969)

Aguaturbia ist eine der wichtigsten und innovativsten Psychedelic-Rock Gruppen aus Chile. Das Quartett wurde 1968 gegründet und machte sich binnen kürzester Zeit einen Namen weit über die Grenzen des Landes hinaus. Dabei war das provokante Cover ihrer ersten LP, auf dem die Band-Mitglieder nackt abgebildet sind, sicherlich nicht von Nachteil. Das Album erschien in limitierter Auflage mit 300 Exemplaren.


6) The Lancasters - Satan's Holiday
(Earthquake Single, Titan, 1964)

Die Surfgruppe The Lancasters nahmen diesen Titel für den amerikanischen Markt in London auf. Die Gitarre spielt niemand geringeres als der junge Ritchie Blackmore, der später mit Deep Purple in die Hall of Fame des Rock einging. Bei dem Originalsong handelt es sich um "In der Halle des Bergkönigs", den Edvard Grieg 1876 für Ibsen's Peer Gynt komponierte. Das Stück aus der Suite Nr.1, Op. 46 ist der mit Abstand bekannteste Titel des norwegischen Pianisten, der einer der bekanntesten Komponisten der Romantik ist.

7) Roland Alphonso - James Bond
(Single, Island, 1965)

Geborgen 1931 in Havanna, Kuba, zog Roland Alphonso im Alter von zwei Jahren nach Jamaica, wo der die Musik des Inselstaates bis in die 80er hinein entscheidend mitprägte. Neben seinem Saxaphonspiel auf diversen Ska- und Reggae-Aufnahmen, war er auch als Arrangeur während Recordingsessions teil. Nachdem sich die Band The Skatalites 1965 auflöste, formte er die Supergroup Soul Brothers, in der auch der legendäre Keyboarder Jackie Mittoo mitspielte. Gemeinsam wirkten sie an vielen Klassikern des Studio one mit.

8) Baron Zen - Burn Rubber (Dam Funk Remix)
(Hella International, Stones Throw, 2009)

Das Orignal zu diesem Elektrofunk-Remix stammt von der Funkgruppe The GAP Band, die den Song unter dem Titel "Burn rubber on me" aufnahm. Ende der 80er war es der Punkrock- und Disco-Interpret Baron Zen, der sich zu einer Neuvertonung berufen fühlte. Diese wurde aber erst 2007 auf dem Label Stones Throw releast. Zwei Jahre später nahm sich Dam Funk den Song zur Brust und produzierte einen tanzbaren Remix für die Festival Compilation "Hella International".



9) Los Destellos - Para Elisa
(En orbita, Tempsa, 1968)

Im vergangenen November habe ich bereits einen Titel von Enrique Delgado's Los Destellos gespielt. Die Gruppe gilt als eine der wichtigsten Cumbia-Gruppen und vor allem ihr Frontmann hatte in Peru schon zu Lebzeiten den Legendenstatus inne. Er trieb nicht nur die Entwicklung des Rocks in Peru voran, sondern entwickelte vor allen anderen den peruanischen Cumbia. Diese Version von Beethoven's "Für Elise" zeigt, wie weit seine musikalischen Wurzeln reichten und wie gut er sich darin verstand diverse Einflüsse mit traditioneller Musik aus Peru zu verweben.


10) The Gimmicks - California Soul
(In Acapulco, 1971, Karussell)

Dieses Original ist wahrscheinlich der unbekannteste Song in der April-Ausgabe. Ich konnte aber nicht widerstehen, dieses internationale Cover in der Sendung zu spielen: Eine Soulgruppe aus Schweden spielt mit einer mexikanischen Combo in Acapulco einen amerikanischen Song neu ein. Das Resultat ist eine interessante Mischung musikalischer Einflüsse dreier Kontinente. Europäischer Latin-Soul!

11) Dionne Warwick - Geh vorbei
(Single, Vogue, 1965)

The Beatles, Elvis, Johnny Cash - sie alle nahmen Songs auf deutsch auf um den hiesigen Fans Tribut zu zollen. Und um leichter auf dem hiesigen Musikmarkt Fuß fassen zu können. Auch Soulinterpretin Dionne Warwick recordete in den 60ern eine Version ihres Welthits "Walk on by" in deutscher Sprache. Die Single ist heute fast völlig in Vergessenheit geraten. Daher freue ich mich sehr, euch diese rare Perle präsentieren zu können. Im Gegensatz zu vielen anderen Covern dieser Art, ist diese Neuaufnahme gelungen und kann es mit der Originalversion aufnehmen.



12) Kathleen Eremy - Sometimes I feel like a motherless child
(Single, Love, 1970)

Spirituals sind Songs, die in den USA mit Beginn der Sklaverei ab dem 16. Jahrhundert entstanden. Die überlieferten Spiritual-Texte sind fast ausschließlich religiösen Inhalts und erzählen aus dem Leben geschlagener, geschundener und sehnsüchtiger Menschen - den Sklaven. Ein Beispiel hierfür ist der Spiritual "Sometimes I feel like a motherless child", den Kathleen Emery 100 Jahre nach dem Entstehen neu aufnahm. Inspiriert wurde der Song vom Schicksal vieler Skalven, die als Babys oder Kleinkinder von ihren Müttern weggenommen wurden und an fremde Farmbesitzer verkauft wurden.

13) Rahsaan Roland Kirk - Ain't no Sunshine
(Balcknuss, Atlantic, 1972)

Bill Withers Evergreen wurde unzählige Male neuvertont. Die Version vom Jazzmusiker Rashaan Roland Kirk hat mir mit seinem Mark-durchdringenden Flötenspiel tief berührt. Seine Musik ist gekennzeichnet durch die nahtlose und scheinbar selbstverständliche Verbindung sowohl traditioneller als auch sehr moderner Spielweisen des Jazz. Er mischt verschiedene Spieltechniken aus dem Bebop, Freejazz und Soul Jazz. Das Resultat ist eine unverwechselbare Interpretation des Soul-Klassikers.

14) Walter Carlos - Eleanor Rigby
(By Request, Columbia, 1975)

"By request" ist das letzte Album, dass unter dem Namen Walter Carlos erschienen ist. In 1979 unterzog sich Walter Carlos nämlich einer Geschlechtsoperation und tritt seitdem als Wendy Carlos in Erscheinung. Dies macht es für Cratedigger einfach, die Original- von der nachpressung zu unterscheiden, denn auf den neueren Plattencovern wurde der Originalname ebenfalls in Wendy umgewandelt. Ende der 60er Jahre entschied sich Wendy Carlos ihre Liebe zur Physik und dem Klavierspielen zusammen zu bringen und ein Album aufzunehmen, dass ausschließlich mit gerade erst entwickelten Moog Synthesizer aufzunehmen. Das Album "Switched-on Bach" wurde als Meilenstein der elektronischen Musik gefeiert und leistete einen wichtigen Beitrag zur Akteptanz dieser Musik.



15) Hypnotic Brass Ensemble - Water
(The Heritage EP, Choice Cuts, 2010)

Der letzte Song dieser Ausgabe von DITC featured einen Titel des Afrobeat-Begründers Fela Kuti. In den letzten Jahren brach ein regelrechtes Afrobeat Revival aus und viele verschollen geglaubte Scheiben werden ausgegraben und neu releast. Im Zuge dieses neuerwachten Interesses veröffentlichte das Hypnotic Brass Ensemble eine Neuinterpretation von Kuti's "Water no get enemy" auf ihrer limitierten Heritage EP. Dabei zollen sie dem aus Nigeria stammenden Musiker Tribut mit einer Version, die abgesehen von einem Drumgroove ausschließlich mit Blasinstrumenten auskommt.