Playlist:
1. Heinz Kiessling - Drift
(Q1, Quadriga, 197?)
Mehr als 1200 Lieder hat der deutsche Kompinist und Produzent Heinz Kiessling bis zu seinem Tode im Jahr 2003 geschrieben, darunter die Titelmelodien für Das Traumschiff, Aktenzeichen xy...ungelöst oder Klimbim. Auf seinem selbstgegründeten Label Quadriga brachte er in den 70er Jahren zusammen mit dem Orchester Peter Jacques drei Library-LP's heraus, die bis heute kaum noch aufzutreiben sind. Songs wie "Drift" sind ausschlaggebend dafür, dass Sammler bereit sind um die 200 Dollar für eine der Platten bezahlen.
2. Roger Webb - Grey Sigh
(Moonshade, Music De Wolfe, 1971)
Bereits 1909 wurde das Label Music De Wolfe in London gegründet und ist somit das mit Abstand älteste Library-Label der Musikgeschichte. Zu dieser Zeit bestand eine musikalische Vorproduktion noch darin, Musik für Stummfilme zu entwickeln und die entsprechenden Themen auf Notenblättern zu drucken. Wenn Musiker für Filmvorführungen auf diese Musik zurückgreifen wollten, konnten sie die Noten dann in sogenannten Kinematheken erwerben. Production-music auf Vinyl entwickelte sich erst in den 60er Jahren und wurde anfangs noch auf 10"-Platten vertrieben. Auch hier war das Label Music De Wolfe Vorreiter.
3. Nick Ingman - Throng
(Big Beat, Music De Wolfe, 1973)
"Orchestral inventions featuring unusual instrumentation" ist auf der Rückseite der Plattenhülle zu lesen. Und in der Tat gehört dieses Album zu einer der besten Platten, die bei De Wolfe erschienen sind. Es handelt sich hierbei nämlich nicht um eine Aneinanderreihung verschiedener Themen und Klangfarben wie bei vielen anderen LP's, sondern um ein Gesamtwerk, dass man ohne Langeweile zu bekommen von vorne bis hinten durchhören kann. Nick Ingan gelingt es dabei einen ganz eigenen Sound zu kreieren, der sich sich zwischen Big Beat, Funk und Jazz bewegt.
4. Barry Forgie - Catharsis
(Stringtronics - Minbender, Peer International, 1972)
Bei der LP "Stringtronics - Mindbender" handelt es sich um eine der begehrtesten Library-Platten - bei Ebay wechselt sie meist für Preise um die 900 Dollar den Besitzer. Der Grund hierfür liegt sicher in den ungewöhnlichen Arrangments: Alle Songs sind nämlich für Saiteninstrumente komponiert und so hört man - von einigen rhythmischen Trommeluntermalungen abgesehen - ausschließlich Klangkombinationen von Geigen, Celli, Gitarren, Bässen und sonstigen Chordophonen.
5. Syd Dale - The Hell Raisers
(The Sound of Syd Dale, KPM, 1966)
Der Autodidakt Syd Dale entdekcte bereits in den 40er Jahren seine Liebe für Big Band-Musik. Bis in die 60er hinein blieben ihm musikalische Erfolge aber weitestgehend verwehrt. Dies änderte sich mit der Etablierung des Fernsehens als Leitmedium, wodurch Dale viele Aufträge zur musikalischen Gestaltung des neuen Programms erhielt. Der Song "The Hell Raisers" stammt von der ersten LP, die er für KPM 1966 aufnahm und fand unter anderem in der Spiderman-Folge "Kingpinned", sowie einem Werbespot für Wide World of Sports Verwendung.
6. Francis Coppetiers - Sales Talk
(Piano Vibrations, KPM, 1975)
Der belgische Pianist und Arranger Francis Coppetiers spielte bis in die 60er Jahre in unzähligen Bands und tourte als Begleitmusiker mit Stars wie Toots Thielemann oder Buck Clyton, ehe er sich Rundfunk- und Fernsehproduktionen zuwandte. Auf seinem 1975 über KPM veröffentlichten Album "Piano Vibrations" kann man den Jazz-Hintergrund Coppetiers' noch deutlich heraushören.
7. Jean-Jacques Perrey (aka Pat Prilly) - Ballet intersideral
(Moog Sensations, Montparnasse 2000, 1971)
Als Robert Moog seinen Synthesizer in den 50er jahren entwickelte stieß er zunächst auf große Ablehnung bei Musikern und Hörern. Erst nach gründlicher Überarbeitung und Vereinfachung der Spielweise begannen sich auch Künstler die nicht der Neuen Musik angehörten, für das Instrument zu interessieren. Dem Amerikaner Walter Carlos gelang es 1968 als erstem Musiker mit seinen Bach-Interpretationen (Switched-On Bach) größere Aufmerksamkeit auf den Moog-Synthesizer zu lenken. Er wurde in Folge dessen ein fester Bestandteil der Popmusik, ohne den viele musikalische Genres gar nicht denkbar wären. Für das Album Moog Sensations, das 1971 erschien, experimentierten Perrey und Louis Delacour, der Chef des Labels Montparnasse 2000, ausschließlich mit diesem Synthie und schufen so elektronische Klanglandschaften für den Rundfunk und die Werbung.
8. Bruno Spoerri - The Race
(Glückskugel, Finders Keepers, 1978/2006)
In der Schweiz zählt Bruno Spoerri zu einem der bedeutensten Musiker des 20. Jahrhunderts, der sich vor allem im Bereich des Jazz und der elektronischen Musik einen Namen gemacht hat. Das Label Finders Keepers, dass sich auf die (Neu-)Veröffentlichung verschollener Musikstücke spezialisiert hat, releaste 2006 das Album "Glückskugel", auf dem sich viele Aufnahmen befinden, die seit ihrer Entstehung in den 70er Jahren ein tristes Dasein in Spoerris Keller fristeten. "The Race" ist so ein Song und wurde 1978 mit dem Schlagzeuger Walter Keiser für eine schweizer TV-Serie aufgenommen, doch nie verwendet:
"They wanted a very nervous rhythmic sound to enhance the tension - and then of course it was too rhythmic..."9. Janko Nilovic - Soul Impressions
(Soul Impressions, Montparnasse 2000, 1975)
Das Album "Soul Impressions", dass Janko Nilovic 1975 für das französische Label Montparnasse 2000 aufgenommen hat, zeigt deutlich seine Affinität für treibende Funkgrooves und Drumbreaks. Der Pianist aus Mentenegro war vorwiegend im Bereich der Production Music tätig und ist für einige der meistgesuchtesten LP's dieses Genres verantwortlich. Die meisten seiner Scheiben wurden inzwischen bei Dare-Dare neu releast, einem Label, dass sich auf die Widerveröffentlichung rarer Library-LP's spezialisiert hat.
10. Roger Webb - Exotica
(Ole Jensen and His Music, Chappell Recorded Music, 1972)
"Exotica" ist ein gutes Beispiel für den Einsatz von Gesang bei Library Musik. Die Stimme wird in den allermeisten Fällen lediglich dazu verwendet eine gewünschte Atmosphäre zu erzeugen oder mit dem jeweiligen Timbre der Sänger das Klangfarbenspektrum zu erweitern. Dementsprechend wird bei diesem Titel nur gesummt, gehaucht oder ein Vokal angestimmt.
11. Bernard Estardy & Alan Feanch - Le sifflet du Baron
(Maxi Music Volume 2, Tele Music, 1980)
Mit der gepfiffenen Melodie von "Le sifflet du Baron" haben Bernard Estardy und Alan Feanch einen großartigen Library-Song komponiert, der sich in den Köpfen der Hörer festsetzt. Daher wurde dieser Song promt als Titelmelodie für eine Radiosendung in Frankreich benutzt. Bevor das Label Tele Music den Titel auf einer ihrer Scheiben releaste, gab es bereits 1976 eine Single mit dem Song auf Sirocco. Die beiden Komponisten verwendeten dafür allerdings das Pseudonym Le Baron.
12. Tro Khan - Dheli Meeting
(India, Selcted Sound, 1983)
Neben zeitgenössischer Musik benötigten Rundfunkanstalten auch ethnische Musik für Dokumentationen oder Reiseberichte. Dabei wurden in den seltensten Fällen authentische Aufnahmen vor Ort gemacht, sondern meist auf Klischees aus der Konserve zurück gegriffen. Neben den niedrigeren Kosten solcher Einspielungen war ein weiterer Vorteil, dass man Klänge verwenden konnte, bei denen der Zuhörer gleich wusste um welche region in der Welt es sich handelt - ob dieses klangbild der realität entsprach war nebensächlich. Das hamburger Label Selected Sound veröffentlichte eine ganze Reihe nach Ländern geordneter LP's, darunter die 1983 erschienene Platte "India".
13. Mandingo - Mandingo
(The Primeval Rhythm of Life, Stereo2Stereo (EMI), 1973)
Bei dieser LP könnte man schnell denken, es handle sich um eine Library-LP einer afrikanischen Gruppe. Die verwendeten Instrumente von Bongos, über Xylophone, bis hin zu Talking Drums scheinen diesen Eindruck noch zu bestätigen. Meine Internetrecherchen zu Mandingo haben jedoch ergeben, dass es sich bei dieser Band offenbar um ein Pseudonym und in Wahrheit um Geoff Love & His Orchestra handelt. Trotz oder gerade wegen dieses musikalischen Versteckspiels ist das Album "The Primeval of Rhythm" eine sehr gelungene Library-LP, die durch ungewöhnliche Funk- und Rockinstrumentationen beeindruckt.
14. Mike Moran - Race against Time
(Thrills & Spills, Bruton Music, 1983)
Bruton Music ist ein britisches Label für Production Music, das von Ende der 70er bis Mitte der 80er Jahre viele Library-Platten veröffentlicht hat. Mitlerweile wurde es wie viele andere Labels von Universal aufgekauft und gehört dem Zusammenschluss Production Music Online UK an, indem über 70.000 Musiktitel verwaltet werden. Darunter befinden sich auch Produktionen von Mike Moran, einem britischen Keyboarder, der in den 80er Jahren einige Film- und Fernsehmelodien für Bruton Music eingespielt hat.
15. Alan Hawkshaw - The Investigator
(Pulse Of Events, Themes International, 1976)
Alan Hawkshaw zählt unbestritten zu den Ikonen der Library Musik. Seit den 60er Jahren hat der Pianist unzählige Scores für Radio- und Fernsehsendungen komponiert, von denen der Großteil bei KPM erschienen ist. "The Investigator" ist allerdings über Themes International erschienen, einem von Library-Kollege Alan Parker gegründeten Label. Nebenher war Hawkshaw als Studiomusiker tätig und nahm unter anderem mit David Bowie, Serge Gainsbourg und Cliff Richard auf.
16. Jacky Giordano - Don't be cool
(Pop in...Devil's train, Montparnasse 2000, 1970)
Das letzte Lied der Juni-Ausgabe stammt von dem italienischen Library-Musiker Jacky Giordano, der in seiner Karriere über 300 Alben für verschiedene Labels aufgenommen hat. Viele seiner Produktionen sind in Frankreich veröffentlicht worden, darunter auch die LP "Pop in...Devil's Train", die sich durch massiv funkige Orgelklänge auszeichnet, wie man sie nur selten findet.